Über die Schilddrüse

Sie ist klein und erinnert an die Form eines Schmetterlings. Bis ins kleinste Detail steuert dieses Organ viele Funktionen unseres Körpers. Wie sie das macht, erfahren Sie hier.

Aufklärungsvideos: Die Schilddrüse – ein kleines Organ von großer Bedeutung

Folge 1: Lage, Aufgaben und hormoneller Regelkreis der Schilddrüse

 

Folge 2: Diagnose, Ursachen und Symptome einer Schilddrüsenunterfunktion

 

Anatomie und Aufbau

In der Nähe des Kehlkopfes und der Luftröhre befindet sich ein kleines aber lebenswichtiges Organ: die Schilddrüse.

Sie besteht aus zwei Seitenlappen, die miteinander über ein kleines Mittelstück (Isthmus glandulae thyroideae) miteinander verbunden sind und erinnert vom Aufbau her an einen Schmetterling. Das Gewicht einer gesunden Schilddrüse eines Erwachsenen liegt zwischen 20 und 30 Gramm. Allerdings handelt es sich hierbei um Durchschnittswerte: Die Größe der Schilddrüse ist recht variabel und Abweichungen müssen nicht zwangsweise auf eine Schilddrüsenerkrankung hindeuten.

Allerdings gibt es auch Größenveränderungen, die im Zusammenhang mit Erkrankungen stehen. So kann sich die Schilddrüse vergrößern und ausdehnen und eine Struma bilden, die umgangssprachlich auch als Kropf bekannt ist. Wenn die Ausdehnung nach außen erfolgt, ist die Struma als Verdickung am Hals erkennbar. Eine Vergrößerung nach innen ist nicht immer sichtbar, macht sich allerdings bemerkbar, da das Atmen und Schlucken eingeschränkt werden kann, wenn die Struma so weit vorangeschritten ist, dass sie zu Verengungen der Luft- oder Speiseröhre führt.

Funktionen der Schilddrüse

Die Schilddrüse hat zahlreiche lebenswichtige Funktionen inne. So produziert sie unter anderem die beiden Schilddrüsenhormone Trijodthyronin (T3) und Tetrajodthyronin (T4), die sehr vielfältige Wirkungen auf den Körper des Menschen ausüben. Außerdem üben sie zum Teil gemeinsame Effekte im Zusammenspiel mit anderen Hormonen aus.

T3 und T4 regulieren zum Beispiel, wieviel Sauerstoff die Zellen verbrauchen und steuern den Stoffwechsel von Kohlenhydraten, Eiweißen und Fetten. Schilddrüsenhormone beeinflussen also den Energiestoffwechsel. Darüber hinaus sind T3 und T4 wichtig für die gesunde Funktion von Herz und Kreislauf, Verdauung, Wachstum und Entwicklung - vor allem für die geistige Entwicklung im Mutterleib und Kindesalter.

Fehlt es an Schilddrüsenhormonen, z. B. durch eine Unterfunktion der Schilddrüse (der Fachbegriff lautet Hypothyreose), beeinträchtigt dies das gesunde Wachstum und die Entwicklung des menschlichen Körpers. Vor allem bei einem Mangel an Schilddrüsenhormonen während der Kindheit können schwere Schäden der geistigen und körperlichen Entwicklung resultieren.

Schilddrüsennormwerte

Die Schilddrüsenhormone T3 und T4 sind die bekanntesten Botenstoffe, die von der Schilddrüse gebildet werden. Beide Hormone enthalten das Element Jod, auch Iod genannt.

Die gesunde Schilddrüse gibt an den Körper jeden Tag etwa 10 Mikrogramm T3 und 100 Mikrogramm T4 ab. Ein Teil der T4-Hormone wird zudem in T3 umgewandelt. Dies geschieht durch Enzyme direkt im Körpergewebe. Die Schilddrüsenhormone T3 und T4 liegen im Blut zum größten Teil an Eiweiße gebunden vor. Sie dienen als Transportmittel und Speicherform, aus der bei Bedarf zügig die Schilddrüsenhormone in ungebundener Form freigesetzt werden können. Weniger als ein Prozent der Hormone T3 und T4 sind in der freien, ungebundenen Form, also als fT3 oder fT4, verfügbar. Lediglich in dieser Form können die Schilddrüsenhormone ihre Wirkung im Körper entfalten.

Gesteuert wird die Produktion der Schilddrüsenhormone durch die Hirnanhangsdrüse. Sie bildet den Botenstoff TSH, ein Thyreoidea-stimulierendes Hormon, das die Schilddrüse reguliert. Tritt ein Mangel an Schilddrüsenhormonen auf, setzt die Hirnanhangsdrüse vermehrt TSH frei und regt so die Schilddrüse zu einer erhöhten Hormonproduktion an. Am TSH-Wert lässt sich also die Funktion der Schilddrüse erkennen.
Wenn der Arzt die Schilddrüsengesundheit untersucht, misst er zunächst den TSH-Wert im Blut. Ist dieser erhöht, könnte dies ein erstes Anzeichen für eine Funktionsstörung der Schilddrüse sein. Ist der TSH-Wert verändert, bestimmt der Arzt auch den fT3- und fT4-Wert. Je nach Konstellation der verschiedenen Schilddrüsenwerte ergeben sich Hinweise auf bestimmte Schilddrüsenerkrankungen: es kann eine Überfunktion (Hyperthyreose) oder Unterfunktion (Hypothyreose) vorliegen.

Normwerte der Schilddrüse für Erwachsene:

T3 gesamt: 70–132 ng/dl
  frei: 0,2–0,52 ng/dl
T4 gesamt: 5–12 µg/dl
  frei: 0,8–2,0 ng/dl
TSH  

0,4 - 4,0 mU/l

Erhöhter TSH-Wert
18 bis 70 Jahre: > 4,0 mU/l
> 70 bis 80 Jahre: > 5,0 mU/l
> 80 Jahre: > 6,0 mU/

dl: Deziliter; l: Liter; ml: Milliliter; mU: Milli-Units; ng: Nanogramm; μg: Mikrogramm; U: Units
Quelle:

Pschyrembel online, zuletzt aufgerufen 07/2023. https://www.pschyrembel.de/Schilddrüsenhormone/K002X

https://register.awmf.org/assets/guidelines/053-046l_S2k_Erhoehter-TSH-W...

Hormonelle Steuerung der Schilddrüse

Die Schilddrüse bildet und speichert die Hormone T3 und T4. Die Hormonproduktion und -freisetzung ins Blut wird von übergeordneten Steuerzentralen, die sich im Gehirn befinden, geregelt. Die oberste Schaltstelle ist ein speziellerer Bereich des Zwischenhirns - der Hypothalamus. Dieser steuert in nächster Ebene die Hirnanhangsdrüse (der medizinische Fachbegriff lautet Hypophyse) an. Die Hormonproduktion und -freisetzung der Schilddrüse wird so über einen sogenannten hormonellen Regelkreis kontrolliert, der über Rückkopplungsmechanismen die Funktionen steuert.

Rückkopplungsmechanismen

Sinken die T3- und T4-Hormonspiegel im Blut, reagieren die zentralen Schaltstellen im Gehirn: Die Hypophyse schüttet vermehrt TSH aus. Das Thyreoidea-stimulierende Hormon regt die Bildung und Freisetzung von T4 und T3 an, so dass die T3- und T4-Hormonspiegel wieder ansteigen. Die zentral übergeordnete Schaltstelle – der Hypothalamus – kontrolliert dabei, wieviel TSH von der Hypophyse freigesetzt wird. Die zentrale Steuerung geschieht mittels TRH (Thyreotropin Releasing Hormone), welches der Hypothalamus freisetzt.

Eine Funktionsstörung des hormonellen Regelkreises kann unterschiedliche Ursachen haben. Um eine autoimmunbedingte Schilddrüsenentzündung als Ursache ausschließen zu können, werden die Schilddrüsen-Antikörper TPO-AK und TRAK ermittelt. Ein hoher TPO-AK-Wert kann z.B. ein Anzeichen für Morbus Basedow, Hashimoto-Thyreoiditis oder eine postpartale Thyreoiditis sein.

Schilddrüse, Hormoneller Regelkreis

Der Grundbaustein Jod

Jod - fachsprachlich Iod - ist ein essentielles Spurenelement. Essentiell heißt, dass es vom Körper selbst nicht hergestellt werden kann, aber lebenswichtig ist. Das Spurenelement muss dem Körper über die Nahrung zugeführt werden. Jod ist wichtiger Bestandteil der Schilddrüsenhormone T3 und T4.

Laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung e.V. wird folgende Jodzufuhr täglich empfohlen:

  • Kinder: 100 bis 200 μg
  • ältere Menschen: 180 μg
  • Jugendliche und Erwachsene mittleren Alters: 200 μg
  • Schwangere und Stillende: 230 bis 260 μg

μg: Mikrogramm

Jod gelangt mit der Verdauung über den Magen-Darm-Trakt ins Blut. Von dort wird das lebenswichtige Spurenelement zur Schilddrüse transportiert. Hier wird es in Vorstufen der Schilddrüsenhormone, aus denen letztendlich die Schilddrüsenhormone T3 und T4 gebildet werden, umgewandelt. Von der Schilddrüse aufgenommenes und überschüssiges Jod kann vom Körper über den Urin ausgeschieden werden.

Auch wenn sich die Jodversorgung in Deutschland in den vergangenen zwei Jahrzehnten verbessert hat, ist die Jodversorgung von Kindern nach wie vor nicht zufriedenstellend. Über 50 Prozent der Kinder von sechs bis zwölf Jahren sind nicht ausreichend mit dem essentiellen Spurenelement versorgt.1 Der Jodmangel kann zu Schilddrüsenerkrankungen führen: sogenannte Jodmangel-Struma, im späteren Lebensalter auch die funktionelle Autonomie, d. h. Schilddrüsengewebe bildet unabhängig von den Stoffwechselbedürfnissen des Körpers Schilddrüsenhormone.

Wie erkennt man einen Jodmangel?

Die Beschwerden bei einem Jodmangel können vielfältig sein. Erhält der Körper zu wenig Jod, kann er nicht genügend Schilddrüsenhormone bilden. Die Folge ist ein niedriger Hormonspiegel. Dies kann zu einer unerwarteten Gewichtszunahme führen und man fühlt sich müde und kraftlos. Doch fehlt es nicht nur an Energie, auch die Haut kann trocken und schuppig werden, die Haare können ausfallen und es können sich Schwierigkeiten beim Lernen und Erinnern zeigen.

Ein häufiges Symptom für Jodmangel sind Schwellungen am Hals. Um den Jodmangel auszugleichen und auch kleinste Jodreste aufzunehmen, wachsen und vermehren sich die Schilddrüsenzellen, so dass sich die Schilddrüse vergrößert.

Bei Frauen kann ein niedriger Hormonspiegel zudem zu unregelmäßigen und sehr starken Monatsblutungen führen. Vor allem Schwangere und Stillende müssen ausreichende mit Jod versorgt sein. Ein Mangel an Jod kann bei dem Ungeborenen zu verringertem körperlichen Wachstum führen und auch die Gehirnentwicklung negativ beeinflussen.

Bei schwangeren Frauen steigt der Bedarf an Schilddrüsenhormonen um 50 Prozent, aufgrund des erhöhten Östrogenspiegels.2 Im ersten Drittel der Schwangerschaft ist der Fötus vollständig auf die mütterlichen Hormone angewiesen. Daher ist es besonders wichtig, dass die Schilddrüse bei Schwangeren richtig funktioniert oder eingestellt wird. Risiken einer Schilddrüsenunterfunktion bei der Mutter können Fehlgeburten, Fehlentwicklungen des Ungeborenen oder Frühgeburten sein.

Jod in Schwangerschaft und Stillzeit

Die Versorgung des Ungeborenen mit lebenswichtigen Stoffen für die Entwicklung erfolgt zum großen Teil über die Plazenta (Mutterkuchen), die mit dem mütterlichen Blutkreislauf verbunden ist. Innerhalb der Plazenta gibt es eine Stoffwechselmembran, die quasi eine „natürliche Schranke“ darstellt und verhindert, dass Stoffe unkontrolliert bzw. übermäßig Richtung Ungeborenes wandern können. Auch die Versorgung des Ungeborenen mit den Schilddrüsenhormonen der Mutter wird so kontrolliert. Jod ist daher ein wichtiges Spurenelement, das der Embryo in ausreichenden Mengen als Baustein seiner eigenen Schilddrüsenhormone benötigt. Schon in der 10. bis 12. Schwangerschaftswoche beginnt die Schilddrüse des Ungeborenen mit der eigenen Bildung von T3 und T4. Damit wird die gesunde Entwicklung des zentralen Nervensystems sowie das gesunde Wachstum und die gesunde Reifung des Fötus unterstützt. Dafür benötigt ab der zwölften Schwangerschaftswoche auch der Fötus das essentielle Spurenelement. Bei einem Jodmangel kann das Wachstum und die Entwicklung des Ungeborenen beeinträchtigt sein.
 
In der Schwangerschaft müssen die Schilddrüse der Mutter und die des Kindes mit Jod versorgt werden. Mangelt es an Jod, steigt bei der Mutter das Risiko, eine Struma zu entwickeln. Beim Ungeborenen ist vor allem die Gehirnentwicklung und die Ausbildung eines gesunden Nervensystems von einer ausreichenden Jodversorgung abhängig. Während der Schwangerschaft und Stillzeit ist der Jodbedarf deutlich erhöht: Ist ein Erwachsener mit einer Zufuhr von 180 bis 200 μg Jod pro Tag hinlänglich versorgt, brauchen Schwangere 230 μg und Stillende sogar 260 μg Jod pro Tag, da das essentielle Spurenelement über die Muttermilch das Baby mitversorgt. Deshalb sollte die Schilddrüsenfunktion in der Schwangerschaft kontrolliert werden.

Sofern kein medizinischer Grund gegen eine Jodeinnahme spricht, sollte die Schwangere daher nach Rücksprache mit dem Arzt neben einer jodreichen Ernährung zusätzlich Jodid-Tabletten einnehmen. Das gleiche gilt für die Stillphase.

Empfohlene Jodzufuhr

Alter Jod (µg pro Tag)
Säuglinge  
0 bis unter 4 Monate* 40
4 bis unter 12 Monate 80
Kinder  
1 bis unter 4 Jahre 100
4 bis unter 7 Jahre 120
7 bis unter 10 Jahre 140
10 bis unter 13 Jahre 180
13 bis unter 15 Jahre 200
Jugendliche u. Erwachsene  
15 bis unter 51 Jahre 200
51 Jahre und älter 180
Schwangere 230
Stillende 260

*Hierbei handelt es sich um einen Schätzwert.
Quelle: Dt. Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE)

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Einer Unterversorgung entgegenwirken

Deutschland zählt heute zwar offiziell nicht mehr zu den Jodmangelgebieten, trotzdem gibt es noch viele Menschen, die nicht ausreichend mit Jod versorgt sind. Im Durchschnitt enthält die Nahrung in Deutschland etwa 120 μg Jod pro Tag. Allerdings liegt der Jodbedarf bei Schwangeren bzw. Stillenden und auch Jugendlichen höher. Sie sollten sich gezielt jodhaltig ernähren oder entsprechend Jod ergänzen.

Bereits mit einigen einfachen Maßnahmen kann eine Jodunterversorgung verhindert werden. Nutzen Sie z. B. jodiertes Speisesalz zum Kochen. Zweimal wöchentlich sollte Seefisch (z. B. Seelachs, Kabeljau, Scholle) auf den Tisch kommen, da dieser reichlich Jod enthält. Wer selten bzw. keinen Fisch isst oder sich salzarm ernährt, kann zusätzlich Tabletten mit Jodid einnehmen, um einer Struma vorzubeugen und um den täglichen Jodbedarf zu decken. Wie hoch die Jodid-Tabletten dosiert sein müssen, können Sie mit Ihrem behandelnden Arzt besprechen. Denn der Jodbedarf ist individuell verschieden.

Referenzen

  1. https://www.internisten-im-netz.de/krankheiten/schilddruesenunterfunktio..., zuletzt aufgerufen in 06/2023.
  2. Bojunga, J., Hofbauer, L. Schilddrüse und Schwangerschaft. J. Gynäkol. Endokrinol. CH 24, 82–92 (2021). https://doi.org/10.1007/s41975-021-00196-x.